Übersetzt von Julia Heymann Professor Lewis Wolpert diskutiert seine kontroversen Ideen zum Glauben, naturwissenschaftlichem Unterricht und vielem mehr mit Vienna Leigh vom European Molecular Biology Laboratory.
Lewis Wolpert
Mit freundlicher Genehmigung
des EMBL Photolab
Wie auch immer Sie Lewis Wolpert beschreiben mögen, nennen Sie ihn nie einen Philosophen. Der berühmte Autor von Wissenschaftssendungen und Professor für Entwicklungsbiologie des University College London hat für so etwas nichts übrig. „Die Wissenschaftsphilosophie ist zwecklos und sagt nichts über den Forschungsprozess aus. Kein Wissenschaftler nimmt sie ernst.“
Als Autor des kürzlich erschienenen Bestsellers Six Impossible Things Before Breakfast: the Evolutionary Origins of Belief ist Lewis Wolpert ein Wissenschaftler mit einem lange gehegten Interesse an erfolgreicher und unkomplizierter Vermittlung der Naturwissenschaften und an der Untersuchung der menschlichen Psychologie, in diesem Fall dem begründenden Glauben. Trotz seines eigenwilligen Umgangs mit Themen von Religion und Sterbehilfe bis hin zur Lehre der Wissenschaften und der Existenz von Geistern, ist eines sicher: er ist kein Eiferer. „Religion, Meme, die Existenz von UFOs – das alles sind Glaubenssätze; und wenn man verstehen kann, warum Menschen daran glauben wollen oder müssen, ist das gut. Das ist es, was uns interessiert: weshalb die Menschen glauben und nicht, ob das, woran sie glauben, wahr ist.“
Als Autor des kürzlich erschienenen Bestsellers Six Impossible Things Before Breakfast: the Evolutionary Origins of Belief ist Lewis Wolpert ein Wissenschaftler mit einem lange gehegten Interesse an erfolgreicher und unkomplizierter Vermittlung der Naturwissenschaften und an der Untersuchung der menschlichen Psychologie, in diesem Fall dem begründenden Glauben. Trotz seines eigenwilligen Umgangs mit Themen von Religion und Sterbehilfe bis hin zur Lehre der Wissenschaften und der Existenz von Geistern, ist eines sicher: er ist kein Eiferer. „Religion, Meme, die Existenz von UFOs – das alles sind Glaubenssätze; und wenn man verstehen kann, warum Menschen daran glauben wollen oder müssen, ist das gut. Das ist es, was uns interessiert: weshalb die Menschen glauben und nicht, ob das, woran sie glauben, wahr ist.“
Auch wenn das Buch in der britischen Zeitung The Observer bezeichnet wurde als „einzig willkommen bei denjenigen, die von frommen Selbstgerechten viele trostlose Jahre lang mit der Botschaft Gottes vollgestopft wurden“, nimmt Professor Wolpert nicht die kirchenkritische Haltung an, die jemand wie Richard Dawkins vertritt. Six Impossible Things Before Breakfast kommt zu dem Schluss, dass nur Menschen die einzigartige Fähigkeit haben, das Konzept von Ursache und Wirkung zu verstehen. Dies erlaubt uns, die Welt in abstrakten Begriffen wahrzunehmen, Werkzeuge zu entwerfen und zu benutzen, uns an einen Glauben zu halten und Forschung zu betreiben; es bewegt uns dazu, Erklärungen für alles zu finden. Jede Kultur hat ihren Glaubenssatz über die Ursache von Dingen und beruft sich meist auf Götter, die Ereignisse in Bewegung setzen können.
“Ich bin nicht gegen die Religion” erklärt er. „Durch Gott die Evolution und den Ursprung des Lebens zu erklären, hilft nicht ein Jota, lässt sich die Leute aber besser fühlen. Das ist der Punkt, sehen sie? Ich bin nur gegen die Religion wenn sie anfängt, sich in andere Dinge einzumischen – wie den Leuten zu erzählen, sie dürften keine Empfängnisverhütung verwenden, oder Abtreibung und Sterbehilfe zu verbieten. Diese verdammten religiösen Verrückten im Parlament! Niemand sonst, außer der katholischen Kirche, hat je behauptet eine befruchtete Eizelle wäre ein menschliches Wesen, und nun beginnen die Leute daran zu glauben. Autorität spielt in unserem Glauben eine große Rolle.“
Zur Zeit arbeitet er an einem neuen Buch über die Zelle, das an die Allgemeinheit gerichtet ist, und ist Autor eines anderen grundlegenden Wissenschaftstexts namens The Triumph of the Embryo.
Als Befürworter der klaren und transparenten Vermittlung der Naturwissenschaften hat Professor Wolpert viel darüber zu sagen, wie in Schulen unterrichtet wird. „Zumindest in Großbritannien haben sie die irrsinnige Idee, dass Kinder über Wissenschaftsethik diskutieren sollten. Wie kann man über Stammzellen sprechen, wenn man nichts über Entwicklungsbiologie weiß? Das ist total verrückt. Es ist moralische Masturbation, um Mark Twain zu zitieren!
“Kindern sollte etwas über den Forschungsprozess beigebracht werden …wie Entdeckungen eigentlich gemacht wurden, ihre Geschichte, anstatt ein fait accompli in einem Lehrbuch vorgesetzt zu bekommen. Sie sollten etwas über klinische Studien lernen, peer reviews und was es heißt, ein Forscher zu sein – und vor allem, dass Wissenschaft eine Gruppentätigkeit ist, bei der mehrere Wissenschaftler sich gegenseitig von ihren Theorien zu überzeugen versuchen; wenn die Geschichte wiederholt würde, wären die Entdeckungen die selben, die Namen jedoch wären andere. Dem naturwissenschaftlichen Unterricht mangelt es momentan an sehr viel.“
“Es wäre hilfreich, wenn Kinder erfahren würden, dass Forschung gegen den gesunden Menschenverstand geht. Es ist nicht vernünftig zu denken, dass die Erde sich um die Sonne dreht, und nicht andersherum. Wissenschaft ist kontraintuitiv, das müssen sie wissen, und sie ist schwer. Dann werden sie sich besser fühlen.“
Bei manchen Dingen gibt er sich geschlagen. “Dieser molekulare Kram, den ihr alle am European Molecular Biology Laboratory tut, dem bin ich nicht gewachsen. Das ist echte Molekularbiologie, die Jagd nach Enhancern und Hybriden, die Suche nach DNA…das kann ich nicht…ich verstehe es nicht, wissen sie,“ gesteht er im Bühnenflüstern, „wenn sie sich die Fachzeitschriften heute ansehen, schlafen sie ein, es ist alles so detailliert. Wenn sie nicht gerade am selben System arbeiten, brauchen sie sich nicht drum scheren, denken sie nicht auch? Sie sind sehr langweilig, die Journals! Zu einem der Editoren – ich werde nicht sagen, zu wem – ‚Jim’, sagte ich, ‚das meiste werfe ich weg! Details! Unendliche Details!’ Nicht unwichtig….aber wen kümmert’s? Früher suchten wir nach allgemeinen Grundsätzen. Es machte Spaß. Jetzt ist alles anders.”
Unsere Zeit ist um, doch wir könnten noch weitermachen. Als Professor Wolpert sich mit einem zwinkernden Lächeln auf den Weg macht, fügt er hinzu: „Wissen Sie, das Gute am Altwerden ist, dass man sagen kann was man will und sich so schlecht benehmen kann, wie man möchte.“
Resources
Review
Leser, die nicht mit der Arbeit von Lewis Wolpert vertraut sind, sollten vor dem Interview die Zusammenfassung seiner Biografie lesen, um etwas über die Ansichten dieses herausragenden Wissenschaftlers und Kommunikators zu erfahren. Die provokativen Kommentare zum Naturwissenschaftsunterricht für den Rest der Welt, zu Kommunikation, religiösem Glauben und Ethik regen zur Debatte über die Überarbeitung des Lehrplans und seine Anwendung im Klassenzimmer an.
Dieser Artikel stellt ein menschliches Element der Wissenschaft, in diesem Fall Embryologie, vor. Er eignet sich für viele Themen, wie etwa Wissenschaftsphilosophie, Forschungsethik, Wissenschaftsvermittlung, Forschung und Religion oder die Forschung der Zukunft. Er könnte für eine Diskussion der Unterschiede von Forschung und Pseudoforschung oder als Grundlage einer Erörterung der Meinung eines Wissenschaftlers verwendet werden.
Mögliche Verständnisfragen umfassen:
Was sind die hauptsächlichen Folgerungen über die Menschen, die Lewis Wolpert in seinem Buch Six Impossible Things Before Breakfast anspricht?
Stimmen Sie der folgenden Aussage des Autors über Lewis Wolpert zu „Eines ist sicher – er ist kein Eiferer.“? Begründen Sie Ihre Antwort.
Wie könnte der Unterricht in den Naturwissenschaften laut Lewis Wolpert verbessert werden?
„Wissen sie, das gute am Altwerden ist, dass man alles sagen kann und sich so schlecht benehmen kann, wie man will.“ Sind Sie mit dieser Aussage einverstanden? Wenn jeder dieser Ansicht wäre, würde es für Forscher sehr schwierig werden, der älteren Bevölkerung zu helfen?
Marie Walsh, Republik Irland
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