Übersetzt von Jana Kusch.
Nektarios Tsagliotis erklärt, wie man mit einfachen Mitteln ein funktionierendes Mikroskop baut – Ihre Schüler werden eine verborgene Welt entdecken, genau wie Robert Hooke im Jahre 1665.
Robert Hooke (2009), gemalt
für die Open University (GB).
Neben anderen
Gegenständen sind auch sein
Buch, Micrographia und ein
Mikroskop dargestellt.
Mit freundlicher Genehmigung
von Rita Greer, Bildquelle:
Wikimedia Commons
Wie das Teleskop wurde das Mikroskop durch die Errungenschaften einer seiner ersten Anwender berühmt. Wenn wir an die Geschichte des Teleskops denken, denken wir an Galileo Galilei (1564-1642) und seine bahnbrechenden Beobachtungen des Mondes und der Planeten. In vergleichbarer Weise war der Wissenschaftler Robert Hooke (1635-1703) einer der ersten, der die Möglichkeiten des Mikroskops erkannt und genutzt hat. In seinem Buch Micrographia, veröffentlicht im Jahre 1665, überraschte Hook seine Leser mit einer phantastischen Welt, in der Alltagsobjekte wie Nadeln und Haare, Ameisen und Spinnen, durch Vergrößerung verwandelt wurden.
Micrographia illustriert
wurde.
Mit freundlicher Genehmigung
des Gutenberg-Projektes
Schon in sehr jungen Jahren, beschäftige sich der wissbegierige Robert Hooke mit den unterschiedlichsten Themen (man nannte ihn daher auch „Leonardo von England“). 1662 wurde er von Englands kürzlich gegründeter Akademie der Wissenschaften, der „Royal Society“, eingestellt, um mit Hilfe seines Mikroskops Forschungen anzustellen. Drei Jahre später veröffentlichte er die Ergebnisse dieser und vieler weiterer Arbeiten in Micrographia.
Dieses umfangreiche Buch ist prall gefüllt mit Beschreibungen, von allem was Hooke unter dem Mikroskop sah. Er betonte, sein Ziel sei es, mit „aufrichtiger Hand und gewissenhaftem Auge zu untersuchen und die Dinge festzuhalten, wie sie erscheinen.“ Zusätzlich zu den Beschreibungen fertigte Hooke erstaunlich detaillierte Zeichnungen der beobachteten Objekte an. Seine lebendig anmutenden Darstellungen von Insekten lassen sie, wie er selbst anmerkte, aussehen, „als wären sie Löwen oder Elefanten mit dem nackten Auge betrachtet“. Das Buch wurde ein großer Erfolg und wird noch immer als ein Meisterwerk der wissenschaftlichen Literatur angesehen.
Micrographia inspirierte mich zu meinem Klassenraum-Projekt, das zwei Ziele verfolgte: 1. ein Mikroskop nach dem Vorbild der frühen Modelle mit preiswerten, leicht zu beschaffenden und zeitgemäßen Materialien zu bauen, das Schüler im Unterricht verwenden können und 2. den Schülern zu ermöglichen, mit Robert Hookes Untersuchungen als Ausgangspunkt selbst die mikroskopische Welt zu entdecken. Es sollen eigene Beobachtungen durchgeführt und in Form von Zeichnungen und Beschreibungen festgehalten werden.
Das Mikroskop, das ich mit meinen Schülern gebaut habe, ist eine modifizierte Version eines Mikroskops, das von Wissenschaftlern des Museo Galileo in Florenz, Italienw1, beschrieben wurde. In der Konstruktion ähnelt es den von Hooke und anderen Wissenschaftlern des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts verwendeten Modellen und besteht im Wesentlichen aus den gleichen Elementen: zwei Linsen (Objektiv und Okular), ein Mikroskoptubus und eine Blende, um optische Störungen zu minimieren. Zu den zeitgemäßen Materialien, die wir verwendet haben, gehörten unter anderem Plastiklinsen aus Einwegkameras.
Bild klicken.
Mit freundlicher Genehmigung
von Nektarios Tsagliotis
Das fertige Mikroskop ermöglicht eine ungefähre Vergrößerung um den Faktor 20 – ausreichend, um die Wunder der mikroskopischen Welt, wie Hooke sie sah, zu enthüllen.
Das Mikroskop ist langlebig und transportabel und wenn die Materialien erst einmal zusammengesucht, zurechtgeschnitten und verklebt wurden, kann es schnell zusammengesetzt werden, (siehe Online-Videow2). Mit nur geringem Wartungsaufwand wie Linsenreinigung und Batteriewechsel für die Beleuchtung kann es wiederholt für mikroskopische Untersuchungen und/oder Beobachtungen verwendet werden. Außerdem kann es leicht im Klassenraum oder im Labor verstaut werden, da es nur wenig Platz einnimmt.
Es handelt sich dabei um Kunststoffrohre für Elektroinstallationen im Haushalt, erhältlich in Baumärkten und/oder Elektrofachgeschäften.
Mit einer kompakten Digitalkamera können Sie sogar Fotos von Ihrem vergrößerten Objekt machen. Halten Sie die Kamera ohne zu Wackeln gegen das Okular, und Sie werden über die Schärfe der Bilder erstaunt sein, die Sie so produzieren können.
A: das neue Okular; B:die
Feldlinse, die im einfachen
Modell als Okular diente; C:
die Objektivlinse
Mit freundlicher Genehmigung
von Nektarios Tsagliotis
Um schärfere Bilder mit weniger Verzerrungen zu erhalten, kann man eine Version mit einer zusätzlichen Linse (einer Feldlinse) zwischen Okular und Objektiv bauen. Dazu ist es notwendig, dass Sie für die Konstruktion des Okulars ein Rohrverbindungsstück anstelle der Filmdose verwenden, da der Durchmesser der Filmdose zu groß ist, um die Linse zu halten. Alles was Sie nun tun müssen, ist eine weitere Linse-Scheibe-Kombination am oberen Ende des Verbindungsstücks hinzuzufügen: Dies ist nun das neue Okular. Das Okular des Ausgangsmodells (siehe oben) wird nun die Feldlinse des Drei-Linsen-Modells.
Die Idee ist, mit 10- bis 14-jährigen Schülern das Mikroskop in der gleichen Art und Weise zu verwenden wie Robert Hooke, indem eine authentische Forschungssituation nachgestellt wird. Die Schüler beobachten mit Hilfe des Mikroskops ein Objekt und erstellen eine detaillierte Skizze sowie eine verbale Beschreibung. Anschließend diskutiert die Klasse die Ergebnisse.
Hookes Micrographia
illustriert wurden.
Mit freundlicher Genehmigung
des Gutenberg-Projektes
Greer (2007). Nach
Beendigung seiner
Ausbildung und nach Erhalt
seines Doktortitels in Christ
Church (Oxford, GB)
assistierte Hooke Robert
Boyle. Hier ist er in Dr. Cross’
Apotheke in Oxford
dargestellt, während er ein
Experiment mit einer von ihm
entwickelten und
hergestellten Luftpumpe
durchführt. Hooke berührt
die Glaskugel, während Boyle
ihn anleitet. Die Künstlerin
nutze Hookes eigene
Zeichnungen der Luftpumpe
für eine korrekte Darstellung.
Mit freundlicher Genehmigung
von Rita Greer, Bildquelle:
Wikimedia Commons
von Nektarios Tsagliotis
Meine Schüler waren sehr begeistert von dem Projekt und haben sich sehr viel Mühe gegeben „wissenschaftlich“ zu arbeiten, genau wie Hooke. Sogar diejenigen, sie sich beklagt haben, sie könnten nicht zeichnen, haben sich sehr angestrengt und haben versucht, die Objekte verbal zu beschreibenw7. Das gesamte Projekt hat meine Schüler ermutigt, selbst „Wissenschaft zu machen“, indem sie diese im laufenden Prozess entmystifiziert haben: Sie haben ein Instrument benutzt, das sie mit einfachen Mitteln selbst geschaffen haben.
Dieses Projekt ist Teil der Forschungsarbeit der griechischen Gruppe des Projektes “Geschichte und Philosophie der Wissenschaft und Wissenschaftslehre“ (HIPST)w8, gegründet unter dem 7. Rahmenprogramm, Wissenschaft in der Gesellschaft-2007-2.2.1.2 – Lehrmethoden.
Der Autor dankt der Koordinatorin der griechischen Gruppe des HIPST-Projektes, Fanny Seroglou (Professorin an der Aristoteles-Universität Thessaloniki) für ihre Unterstützung bei diesem Projekt.
Diese Homepage bietet auch eine Sammlung historischer Texte über die Mikroskopie im 17. Jahrhundert an.
w2 – Sehen Sie hier meine Schüler beim Bau des Mikroskops: http://hipstwiki.wikifoundry.com/page/Videos
Für eine fotografische Darstellung des Konstruktionsablaufs für das beschriebene Mikroskop sowie für eine fortgeschrittene Variante mit drei Linsen (Objektiv, Feldlinse und Okular) klicken Sie auf „Konstruktion des Mikroskops“.
Tsagliotis N (2010) Microscope studies in primary science: following the footsteps of R Hooke in Micrographia. In Kalogiannakis, M Stavrou D, Michaelidis P (eds) Proceedings of the 7th International Conference on Hands-on Science. 25-31 July 2010, Rethymno-Crete, pp. 212–221. www.clab.edc.uoc.gr/HSci2010
Vannoni M, Buah-Bassuah PK, Molesini G (2007) Making a microscope with readily available materials. Physics Education 42(4): 385-390. doi: 10.1088/0031-9120/42/4/008