Zehn Dinge, die du über Fracking vielleicht nicht weißt Understand article

Fracking ist eine enorm umstrittene Technologie, deshalb lohnt es sich, die Wissenschaft hinter den Schlagzeilen in Augenschein zu nehmen.

In den USA ist Fracking ein großes Geschäft. Ein Anstieg an Fracking über die letzten wenigen Jahre bedeutet, dass es sich jetzt auf mehr als 50% der gesamten US Gasproduktion beläuft – aber so wie das Fracking Level sind auch die öffentliche Opposition und Sorge gestiegen. In Europa wägen die Regierungen und Kommunen gerade die Kosten und Vorteile von Fracking ab, und einige Regierungen haben es verboten. Aber was genau ist Fracking, und wie funktioniert es? Hier erkunden wir etwas von der Wissenschaft hinter den aktuellen Diskussionen.

1. Fracking bedeutet “hydraulische Risserzeugung”

Fracking ist ein Beispiel für unkonventionelle Gasförderung. In diesem Prozess wird Wasser (mit Sand und Chemikalien gemischt) unter sehr hohem Druck in Gestein eingepresst, um Risse zu erzeugen – daher die Bezeichnung hydraulische Risserzeugung oder Fracking.

Bei der konventionellen Förderung von natürlichen Gasreserven, wie jene unter der Nordsee, bewegt sich das Gas aus dem Muttergestein, wo es gebildet wurde, nach oben und sammelt sich unter einer undurchlässigen Gesteinsschicht, von wo es durch Bohrung herausgepumpt werden kann (siehe Abbildung 1). Unkonventionelle Gasvorkommen sind im Muttergestein selbst gefangen, das gebrochen werden muss, um das Gas freizulassen. Sandpartikel werden verwendet, um das Wiederverschließen der Risse zu verhindern und das Entweichen des Gases an die Oberfläche zu ermöglichen.

Abbildung 1: Vergleich zwischen konventioneller (links) und unkonventioneller (rechts) Förderung. (Quelle: Hans-Martin Schulz, GFZ Potsdam)
Nicola Graf
Conventional extraction: Konventionelle Förderung;
Unconventional extraction: Unkonventionelle Förderung; Borehole: Bohrloch; Cap rock: Deckschicht; Fracking zone: Frackingzone; Reservoir rock: Speichergestein; Source rock (shale): Muttergestein (Schiefer).

2. Fracking wird genutzt, um Schiefergas zu fördern

Derzeitig wird Fracking hauptsächlich genutzt, um im Schiefer genannten feinporigen Sedimentgestein befindliches Gas zu fördern. Als vor über Millionen von Jahren Ablagerungen von Sand und Schlamm unter hohen Temperaturen und Druck in Gestein umgeformt wurden, wurden die Pflanzen und Tiere, die mit den Sedimenten verbunden blieben, zu Schiefergas umgewandelt, das überwiegend aus Methan besteht.

Schiefervorkommen sind überall auf der Welt zu finden, aber Schiefergesteine, die das meiste Gas enthalten, bilden sich in Meeresumgebungen, insbesondere in sich langsam bewegenden, schlecht oxygeniertem Wasser wie die alten Ozeanbecken. Hier konnten sich die Pflanzen und Tiere abbauen bevor sie begraben wurden, sodass sie organisches Material lieferten, das später in fossiles Brennmaterial umgewandelt wurde.

Es gibt mögliche Schiefergasreserven überall in Europa, einschließlich den Posidonienschiefer in Deutschland (siehe 4 auf der Karte, Abbildung 2), und den Bowlandschiefer im Norden Englands (siehe 8, Abbildung 2). Der Posidonienschiefer bildete sich vor etwa 200 Millionen Jahren auf dem Grund des vorzeitlichen Tethysmeers. Fossilien von Weichtieren sind in diesem Gestein üblich, und die von größeren Tieren wurden hier auch gefunden.   

Abbildung 2: Die Karte zeigt die Standorte von möglichen Schiefergasreserven in Europa. 1: Schweden; 2: Dänemark; 3: Polen; 4, 5, 6: Deutschland; 7, 8: England; 9: Frankreich; 10: Schweiz; 11: Österreich; 12: Ungarn; 13: Bulgarien; 14: Ukraine; 15: Türkei; 16: Spanien; 17: Italien; 18: Tschechische Republik; 19: Irland. (Quelle: Hans-Martin Schulz, GFZ Potsdam)
Nicola  Graf

3. Fracking wird seit Jahrzehnten verwendet.

Fracking ist keine neue Methode der Förderung: es wird seit den 1940er Jahren genutzt, aber hauptsächlich in der konventionellen Förderung als ein Mittel, das letzte übrig gebliebene Gas zu bekommen. Die Art von Fracking, um Schiefergas zu fördern, ist eine größere Herausforderung, da sich Schiefer in oberflächlichen Tiefen näher zu Grundwasserversorgungen befinden und größere Volumen von flüssigen Einpressungen benötigen als konventionelle Reserven.

In letzter Zeit haben Ingenieure herausgefunden, wie man seitlich in Schiefervorkommen bohren kann, sodass mehr Gestein mit nur einem Bohrloch gebrochen werden kann. In den USA hat diese Entwicklung im letzten Jahrzehnt zu einer rapiden Steigerung der Schiefergasproduktion geführt. In Europa hingegen, obwohl es ein paar Teststellen gibt, ist Fracking sehr begrenzt.

4. Fracking braucht viel Wasser…

In manchen Bundesstaaten in den USA geht das Trinkwasser aufgrund von Fracking gefährlich zur Neige. Ein einzelnes Frackingbohrloch kann so viel wie 43 000 m3 Wasser verbrauchen – genug, um eine kleine Stadt für etwa einen Monat zu versorgen. Manche Bohrlöcher verbrauchen nur einen winzigen Anteil dieser Menge, jedoch ist ein beträchtlicher Anteil der Frackingbohrlöcher in den USA in Regionen wie Texas und Kalifornien, die anfällig für Dürre sind. Außerdem verbraucht Fracking Trinkwasser aus Wasserspeichern und Grundwasserleitern, das danach entsorgt werden muss und nicht in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden kann. Das belastet zusätzlich die lokalen Wasserquellen und bereitet viele Sorgen.  

5. … und viel Sand.

Fracking verbraucht enorme Mengen Sand – bis zu 8000 Tonnen pro Bohrloch. Fracking trägt zu ungefähr 60% des in den USA industriell genutzten Sandes bei. Der benötigte Sand ist ziemlich speziell: Er wird gründlich verlesen, um Körner mit bestimmter Form und Größe auszuwählen. Außerdem muss er einen hohen Quarzanteil besitzen, um dem hohen Druck standzuhalten.

6. Fracking kann Erdbeben verursachen.

Während Fracking Erdstöße verursachen kann, sind diese üblicherweise zu klein, um bemerkt zu werden. Jedoch gibt es Hinweise, dass die Entsorgung von Frackingflüssigkeiten mehr Probleme und größere Erdbeben verursacht als das Fracking selbst. Zum Beispiel, gab es in Oklahoma, USA, wo sich eine große Anzahl von Entsorgungsstätten befindet, jedes Jahr bis 2008 einige Erschütterungen, die Anzahl erhöhte sich auf 20 in 2009 und 105 in 2013. Die größte Erschütterung hatte eine Stärke von 5,6 auf der Richter-Skala und zerstörte etliche Häuser.

Wissenschaftler an der US Geological Survey haben herausgefunden, dass die Stärke dieser Erdbeben von der Flüssigkeitsmenge abhängt, die in das Gestein gepumpt wird. Sie berechneten, dass eine Einpressung von einigen 10000 m3 (genug, um etwa vier Schwimmbecken von olympischen Ausmaßen zu füllen) zu einem Erdbeben der maximalen Stärke von 3,3 führen könnte. Jedoch gibt es keine Vorhersage, ob ein Erdbeben auftreten wird oder nicht.

Anti-Fracking Demonstration in New York, USA (Oktober 2012)
Adam Welz/CREDO

7. Es wird sehr hoher Druck benötigt, um das Gestein aufzubrechen.

Schiefervorkommen, die Gas hervorbringen können, sind für gewöhnlich in Tiefen zwischen 1000 m und 5000 m zu finden. Nachdem das Bohrloch in das Gestein gebohrt wurde, muss es vorsichtig einbetoniert werden bevor das Fracking beginnen kann, um die umgebende Umwelt zu schützen. Es werden dann Löcher in die Bohrlochverschalung in der Nähe der Schiefer gemacht, und die Frackingflüssigkeit wird durch diese Löcher unter extrem hohem Druck – etwa 680 atm (69 Millionen Pa)- in die Gesteine gepresst. Als Vergleich habe die Reifen von professionellen Rennrädern einen Druck von etwa 10 atm, oder 1 Million Pa.  

8. In Europa sind viele potentielle Frackingstätten in der Nähe von Städten.

Im Norden Englands sind die Schiefergasreserven unter den großen Städten Manchester und Leeds. In Deutschland sind die Posidonienschiefervorkommen in der Nähe der Stadt Hannover, die über eine halbe Million Einwohner hat. Ein paar Bohrlöcher würden eine Fläche eines Fußballfeldes erfordern, einschließlich Platz für Bohrtürme, Ausrüstung und Lastwagen; einen Ort, um Wasser und Müll zu lagern und entsorgen; ebenso Gasspeicher und Kabinen für die Arbeiter. Das Errichten solcher Stätten und der verbundenen Infrastruktur wie Transportwege in der Nähe von oder um irgendeine europäische Metropole wäre nicht einfach.

9. Bierbrauer in Deutschland sind gegen Fracking.

Das deutsche Reinheitsgebot für Bier besagt, dass deutsches Bier nur unter Verwendung von Hopfen, Hefe, Malz und Wasser gebraut werden sollte. Reines, sauberes Wasser ist daher ein wesentlicher Bestandteil für das Bierbrauen, und viele Brauereien in Deutschland beziehen das Wasser von ihren eigenen Brunnen. Jede Verunreinigung der Wasserversorgung mit Methan oder Frackingflüssigkeiten stellt eine Bedrohung für diese wichtige Industrie dar, und Bierbrauer in Deutschland haben öffentlich ihre Position gegen Fracking verkündet.

Befürworter von Fracking hingegen argumentieren, dass es dicke, undurchlässige Gesteinsschichten über Schiefervorkommen gibt, die als schützende Grenze während des Frackings agieren und Grundwasserversorgungen in geringer Tiefe vor potentieller Kontamination schützen würden. Zusätzlich muss Fracking immer in einem definierten Abstand zum Grundwasser stattfinden. Ein anderer Sicherheitsfaktor ist, wenn Frackingflüssigkeiten entfliehen sollten, würden diese nach unten sickern und sich nicht nach oben Richtung Grundwasserspiegel bewegen. Aber während die Grundwasserversorgungen vor Kontamination in der Tiefe geschützt wären, gab es Fälle von Grundwasserkontamination, die durch Verschüttetes an der Oberfläche verursacht wurden. Deshalb ist vorsichtiger Umgang mit Förderchemikalien und –müll um die Frackingstätte erforderlich.

10. Wissenschaftler verwenden eine ähnliche Methode, um geothermische Energie zu produzieren.

Bei der Methode, die als Enhanced Geothermal Systems (EGS) bekannt ist, nutzt man die natürlich vorkommenden Risse im Gestein aus, und erzeugt mithilfe von Wasser unter Hochdruck noch mehr Risse weiter unten, wo das Gestein natürlicherweise heiß ist. Dadurch bildet sich ein geothermales Reservoir, das in das Gestein gepumpte Wasser erwärmt, und der resultierende Dampf wird genutzt, um Elektrizität zu erzeugen. Wenn das Wasser abgekühlt ist, wird es zurück in das Gestein gepumpt, um wieder erwärmt zu werden.

Anders als beim Fracking für Schiefergas, werden bei diesem Verfahren kein Sand oder andere Chemikalien verwendet. Trotzdem ist das Verfahren kontrovers: Ein EGS Projekt in Basel, Schweiz, wurde abgebrochen, nachdem es erhebliche Erschütterungen verursacht hatte, was Versicherungsansprüche von insgesamt Millionen Euros zur Folge hatte. Aber Entwicklung und Forschung gehen weiter: In Europa gibt es EGS Übungsstätten in Portugal, Frankreich und Deutschland, und Projekte sind in Cornwall, UK, geplant, die voraussichtlich bis 2020 einsatzbereit sein werden.

Danksagung

Der Autor möchte Professor Dr. Ernst Huenges und Dr. Hans-Martin Schulz vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ), und Dr. Clement Uguna von der Universität Nottingham, UK, für ihre hilfreichen Beiträge und Kommentare zu diesem Artikel danken.   


Resources

  • Lies eine Studie darüber, wie Erdbeben durch Fracking ausgelöst werden können. Siehe:
  • Informationen und eine interaktive Karte mit ausgelösten Erdbeben können bei HiQuake, einer Datenbank für menschlich verursachte Erdbeben, gefunden werden.
  • Die US Geological Survey veröffentlichte kürzlich eine Studie über den Wasserverbrauch bei Fracking. Erfahre mehr darüber in diesem Artikel von Scientific American.
  • Besuche die Shale Gas Information Platform website, um über den aktuellen Stand der Schiefergasproduktion in Deutschland zu lernen.
  • Informationen über Schiefergasgeologie, -vorkommen und –produktion im Vereinigten Königreich sind auf der British Geological Survey website.
  • Erfahre mehr über Fracking und die aktuelle öffentliche Meinung im Vereinigten Königreich in diesem Artikel, der im The Guardian veröffentlicht wurde.
  • Schaue dir den TEDed Unterricht mit dem Titel ‘How does fracking work?’ an, um über die Technologie hinter Fracking zu lernen, und warum es so kontrovers ist.

Author(s)

Rosemary Wilson ist eine in Norddeutschland ansässige Wissenschaftssprecherin und Autorin.

Review

Dieser Artikel bietet einen interessanten Weg, das Thema Fracking im Unterricht für verschiedene Fächer einzuführen. Zum Beispiel könnte er in Erdkunde verwendet werden, um die Idee von menschlich verursachten Erdbeben mit dem natürlichen Phänomen zu vergleichen.

Fracking ist auch ein passendes Thema für Diskussionen über Staatsbürgertum und Wissenschaftskommunikation, inklusive die Beteiligung von Bürgern an Entscheidungen über Umweltthemen, und die Beziehungen zwischen Wissenschaft, Politik, Umweltschutz und wirtschaftliche Interessen.

Dieser Artikel könnte als Rollenspielübung verwendet werden, mit verschiedenen Schülern, die die Rollen von Wissenschaftlern, Politikern, Umweltaktivisten und Bürgern übernehmen. Die Schüler würden die Informationen in diesem Artikel nutzen und verfolgen, um ihre Sichtweisen in einer Debatte zu verteidigen.

Teresita Gravina, Lehrerin der Naturwissenschaften an der Istituto Comprensivo Luigi Vanvitelli, Italien.

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