Übersetzt von Hildegard Kienzle-Pfeilsticker. Die Physik der Wolken und ihre Rolle für unser Klima faszinieren Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Karin Ranero Celius forscht nach.
Beeinflussen Wolken unser Klima oder hat das Klima einen Einfluss auf Wolken? Beides stimmt. In jedem Fall sind Wolken so schwer zu verstehen, dass sie noch nicht gut in Klimamodelle integriert werden konnten. Dazu müssten wir verstehen, wie Wolken entstehen, warum sie sich bilden und warum sie wieder verschwinden und warum und wann es aus ihnen regnet. Dafür müssen Wissenschaftler das Verhalten einzelner Wolken analysieren, ihre Bestandteile und ihre Wirkung auf die Umgebung.
Im Wesentlichen sind Wolken sichtbare Ansammlungen von Wassertropfen (oder sogar von Kristallen), die in der Erdatmosphäre schweben. Für Studienzwecke teilen Wissenschaftler sie in Kategorien ein. Dünne Wolken und Wolkenfetzen nennt man Zirrus-Wolken. Wattebäusche oder Wattebauschhaufen sind Kumulus-Wolken. An einem bewölkten Tag ist der Himmel üblicherweise mit flachen, dunstigen und strukturlosen Stratus-Wolken bedeckt. Jede Wolke kann einem dieser Typen oder einer Kombination daraus zugerechnet werden (siehe das Diagramm unten).
Nach ihrer Höhe werden Wolken weiterhin eingeteilt in: niedrige (bis 2000 m), mittelhohe (2000-6000 m) und hohe Wolken (über 6000 m). Die Höhe der Wolken bestimmt ihre Temperatur, wovon wiederum abhängt, wieviel Wärme sie abstrahlen. Hohe Wolken sind kalt und strahlen wenig Wärme in den Weltraum ab; stattdessen reflektieren sie Strahlung von der Erdoberfläche, erwärmen die Atmosphäre und vergrößern den Treibhauseffekt. Niedrige Wolken, die kompakter und wärmer sind, emittieren mehr Wärmestrahlung in den Weltraum als zurück zur Erde. Sie wirken wie ein Sonnenschirm, der Sonnenlicht reflektiert und so die Erdoberfläche abkühlt.
Die Höhe einer Wolke bestimmt also ihre Wirkung auf das Klima. Untersucht man das Vorkommen von hohen und niedrigen Wolken, beginnt man zu verstehen, welche Rollen sie spielen. Würden beide Wolkentypen gleich häufig vorkommen, würden sich die wärmenden und kühlenden Wirkungen aufheben, was nur wenig Erwärmung oder Abkühlung der Erdoberfläche zur Folge hätte. Würden hohe Wolken zunehmen, während niedrige Wolken abnehmen, würde die Temperatur in der Atmosphäre steigen.
Doch warum erscheinen und verschwinden Wolken und was verursacht ihre Bildung und Niederschläge
Allen Wolken ist eines gemeinsam: Sie bilden sich um Kondensationskeime – auch als Aerosole bekannt. Verdampft Wasser durch die Sonnenhitze, steigt der Dampf auf und die Wassermoleküle kondensieren auf Aerosolen – diese können natürlichen Ursprungs sein, wie Salz, oder menschlichen Ursprungs, wie Sulfate. Hat der Wolkenkeim eine Mindestgröße von 60-80 nm im Durchmesser erreicht, kann sich eine Wasserhülle darum herum ansammeln und formt so ein Tröpfchen. Eine Wolke besteht aus vielen dieser Tröpfchen. Erreichen die Tröpfchen einen Durchmesser von 0,5-1 nm fallen sie herunter, wobei sie mit anderen Tröpfchen kollidieren, sie aufnehmen und zu Regentropfen anschwellen, die dann mit bis 35 km/h fallen können.
Aerosole spielen nicht nur bei der Wolkenbildung einer wichtige Rolle, sondern auch bei Niederschlägen: sie bestimmen wann und wo es regnet. In einer unberührten Atmosphäre mit sehr wenigen Partikeln verdampft das Sonnenlicht sehr viel Wasser. Der aufsteigende Dampf trifft auf sehr wenige Kondensationskeime in der Luft, so dass die Tropfen um die wenigen Kondensationskeime sehr groß sind. Folglich regnet es heftig.
In einer verschmutzten Atmosphäre lassen die vielen Aerosolpartikel nur einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung bis auf den Boden vordringen, so dass weniger Wasser verdampft. Der aufsteigende Dampf trifft auf viele Keime und bildet viele, aber kleinere Tröpfchen. Dies bremst die Bildung von Regentropfen (Tröpfchen fallen erst wenn sie 0,5-1mm erreicht haben) und so regnet es nicht am Ort der Entstehung. Beim weiteren Aufstieg der Wolke kondensiert mehr Wasser auf den Keimen und durch die niedrigen Temperaturen gefrieren die Tropfen. Als Folge regnet es nicht, sondern die Wolke steigt immer höher.
Hohe Aerosolkonzentrationen können Niederschlag und sogar die Bildung von Wolken ganz verhindern. Man nimmt beispielsweise an, dass die Aerosolkonzentration in Nordchina die Ursache für die erhebliche Veränderung der Niederschlagshäufigkeit ist. Global betrachtet muss natürlich alles verdampfte Wasser irgendwann wieder herunterkommen. Wolken, die ihren Inhalt nur selten entleeren, werden so zu heftigen Regenfällen führen und Überflutungen, Erdrutsche und Schlammlawinen verursachen.
Obwohl Aerosole die Bildung von Wolken und bis zu einem gewissen Grad die Entstehung von Niederschlägen erklären, bleibt ein weiterer wichtiger Klimafaktor unklar: Warum verändern Wolken ihre Form und warum entstehen und vergehen sie?
Die Form und die Lebensdauer von Wolken und folglich ihr Einfluss auf das Klima wird durch Turbulenzen bestimmt. An den Rändern einer Wolke vermischen Turbulenzen die trockene Umgebungsluft mit der feuchten Luft der Wolke. Man nennt das „Einmischen“. Auf mikroskopischer Ebene verändert Einmischen die Verteilung und die Größe der Wolkentröpfchen und beeeinflusst damit die Tendenz einer Wolke, zu regnen oder sich komplett aufzulösen. Es kann aber auch globale Auswirkungen haben. Wenn sich beispielsweise Wolken über dem oft wolkenbedeckten, südöstlichen pazifischen Ozean auflösen, trägt das zu mehr Sonneneinstrahlung und zu Phänomenen wie El Niño bei, dessen Charakteristikum Temperaturerhöhung des Ozeans ist.
Um das Schicksal euner Wolke vorhersagen zu können, müssen Wissenschaftler wissen, wie turbulent die Tröpfchen sind: das bestimmt wie schnell sich die Regentröpfchen bilden und fallen. Das Studium von Turbulenzen in Wolken ist jedoch eine komplexe Aufgabe wegen der verschiedenen Dimensionen ihrer Bestandteile (ein winziges Tröpfchen, ein größerer Regentropfen, eine Luftströmung) und der physikalischen Prozesse, die innerhalb und zwischen ihnen ablaufen.
Um die Wirkung der Turbulenz zu verstehen, sind nicht nur Geschwindigkeit und Flugbahn der Tröpfchen, sondern auch ihre Beschleunigung wichtig. Die Beschleunigung fluktuiert beträchtlich und kann maximal die zwanzigfache Erdanziehungskraft betragen. Die Häufigkeit von Kollisionen, die auch die Wahrscheinlichkeit von Niederschlag erhöhen, wird wird bestimmt von besonders stark beschleunigten Tröpfchengruppen. Diese starken Fluktuationen der Beschleunigung könnten die Beobachtung erklären, warum Tröpfchen schneller miteinander kollidieren, als es konventionelle physikalische Theorien erlauben.
Während manche Wissenschaftler mit riesigen Windkanälen versuchen, die Bedingungen der Turbulenz abzubilden, untersuchen sie andere mittels Computersimulationen und Feldforschung.
Björn Stevens zum Beispiel, ein Forscher am Max-Planck-Institut für Meteorologie (Max Planck Institute for Meteorologyw1) in Hamburg, Deutschland, studiert Stratokumulus-Wolken über dem Meer, die sich über kalten Regionen der Subtropen bilden, wie vor den kalifornischen und südamerikanischen Pazifikküsten und über der atlantischen Küstenlinie nahe Namibia. Sie üben einen großen Einfluss auf das globale Klima aus und erstrecken sich über mehr als ein Zehntel der Ozeanfläche. Stevens fand heraus, dass die Wolken ziemlich eigenartig sind: Satellitenbilder zeigen „Löcher“ in der dichten Wolkendecke. Um die Löcher herum regnen sie stark, obwohl sie sonst nicht stark regnen. Und wenn diese Wolken regnen, kann die Turbulenz – die Luftzirkulation zwischen Ozean und Wolke – sich radikal verändern.
Stevens und seine Kollegen integrieren jetzt ihre neue gewonnene Information über das Verhalten von Wolken in die globalen Klima-Computermodelle. In diesen Modellen wird die Atmosphäre in vier Gitterkästchen aufgeteilt; für jede Box berechnet der Computer mittlere Temperatur- und Feuchtigkeitswerte und andere Charakteristika der Atmosphäre und sagt die Wolkenbildung vorher. Obwohl die Modelle noch nicht exakt genug sind, um die genauen Stellen vorherzusagen, an denen sich die Wolken bilden werden, können sie jetzt den Grad der Wolkenbedeckung und den Wolkentyp in jedem Gitterkästchen berechnen und so den Einfluss von Hitze und Sonneneinstrahlung auf die Wolkenbildung quantifizieren.
Daher untersuchen Wissenschaftler immer noch den Zusammenhang zwischen Bewölkung, Niederschlag, Aerosolen und den Eigenschaften der die Wolken umgebenden Luft – alles fundamentale Informationen zum Verständnis der Beziehung zwischen Wolken und Klimaveränderung. Bisher sind sie noch weit davon entfernt, alle unterschiedlichen Mechanismen für das Verhalten von Wolken und somit die Wirkung auf unser Klima, zu entziffern. Aber die Wissenschaftler werden nicht aufgeben, denn, wie der französische Philosoph und Naturforscher René Descartes sagte: „Wolken sind der Schlüssel, um all die wundervollen Dinge auf der Erde zu verstehen.”
Dieser Artikel wurde aus drei Artikeln zusammengestellt, die publiziert wurden in Max Planck Forschung: Meier (2010), Hergersberg (2010) und Wengenmayr (2010). Max Planck Forschung wird von der Max-Planck-Gesellschaft veröffentlicht und beschreibt – in verständlicher Sprache – die Arbeit seiner Forschungsinstitute. Die vierteljährliche Publikation kann frei heruntergeladen werdenw2.
Benestad R (2007) What do we know about climate? The evidence for climate change. Science in School 7: 49-51. www.scienceinschool.org/2007/issue7/climate
Benestad R (2008) What do we know about climate? Investigating the effects of anthropogenic global warming. Science in School 8: 48-51. www.scienceinschool.org/2008/issue8/climate
Bultitude K (2009) Take the weather with you. Science in School 11: 52-57. www.scienceinschool.org/2009/issue11/weather
Zu Aktivitäten im Klassenzimmer über Klimawandel siehe:
Shallcross D, Harrison T, Henshaw S, Sellou L (2009) Fuelling interest: climate change experiments. Science in School 11: 38-43. www.scienceinschool.org/2009/issue11/climate
Shallcross D, Harrison T, Henshaw S, Sellou, L (2009) Looking to the heavens: climate change experiments. Science in School 12: 34-39. www.scienceinschool.org/2009/issue12/climate
Shallcross D, Harrison T (2008) Climate change modelling in the classroom. Science in School 9: 28-33. www.scienceinschool.org/2008/issue9/climate
Shallcross D, Harrison T (2008) Practical demonstrations to augment climate change lessons. Science in School 10: 46-50. www.scienceinschool.org/2008/issue10/climate
Harrison T, Shallcross D (2010) A hole in the sky. Science in School 17: 46-53. www.scienceinschool.org/2010/issue17/ozone
Schülli T (2010) Science is cool... supercool. Science in School 17: 17-22. www.scienceinschool.org/2010/issue17/supercooling