Übersetzt von Hildegard Kienzle-Pfeilsticker.
Das StandardBase-Projekt hat 72 Standardanalysemethoden aus dem Industriebereich herausgearbeitet und für Schüler und Studenten in Schulen und Instituten zur Nutzung über das Internet angepasst. Ken Gadd und Luca Szalay erläutern die Ziele und die Handhabung der StandardBase-Produkte.
Wie können wir darauf vertrauen, dass unser Coca Cola® nicht zuviel Koffein enthält, unser Wein nicht zuviel Schwefeldioxid oder dass uns unser Trinkwasser nicht schadet? Es ist unwahrscheinlich, dass viele Leute wissen, wie man diese Dinge prüft. Stattdessen sind wir abhängig von qualifizierten Analytikern, die uns die Antworten geben.
Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Chemikalien und Produkten wie Nahrungsmittel, Getränke und Arzneimittel ist unverzichtbar. Mit Standardanalyseverfahren werden die Qualitätsstandards gesichert. Analytische Chemiker in der Industrie und im öffentlichen Dienstleistungsbereich müssen angemessen qualifiziert sein und die Fähigkeit, das Wissen und die Erfahrung haben, um ihre Aufgabe gut erfüllen zu können. Dies schließt die Fähigkeit ein, Standardanalyseverfahren durchführen zu können.
ein StandardBase-Verfahren aus
Mit freundlicher Genehmigung von
StandardBase Projektteam
Diese Verfahren können lokal (verwendet von speziellen Firmen), national der international sein. Viele Standards sind heute international wie zum Beispiel diejenigen der International Organization for Standardization (ISO). Immer mehr Wissenschaftler arbeiten mit Kollegen in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern zusammen. Das StandardBase-Projekt wurde ins Leben gerufen in der Überzeugung, dass die Vermittlung einiger üblicher analytischer Prozeduren in europäischen Berufsschulen und Instituten von Vorteil ist.
Analysemethoden gemäß Industriestandard können in Schulen oft nicht durchgeführt werden, weil es an fachlicher Ausrüstung, Chemikalien, Sachkenntnis und Zeit mangelt. Das StandardBase-Projekt hat sich zur Aufgabe gemacht, Standardanalysemethoden nach Industriestandard Schülern in Schulen und Instituten zugänglich zu machen. Die Prozeduren wurden für die Anwendung in diesen Einrichtungen angepasst, in Pilotversuchen getestet, überarbeitet und der StandardBase-Webseite zum freien Gebrauch hinzugefügt. Zudem wurde für die Lernenden aus unterschiedlichen Institutionen und Ländern die Möglichkeit geschaffen, ihre Ergebnisse untereinander auszutauschen und zu vergleichen.
Die Lehrer im Pilotprojekt merkten, dass es wichtig war zu motivieren. Wissenschaft im Kontext realer Situationen fördert das Interesse und Engagement der Schüler. Für sie ist es sinnvoller und bedeutsamer, den Alkoholgehalt einer Flasche Bier zu messen, als in einer vom Lehrer präparierten Mischung.
Kollegen aus den vier Partnerinstituten(Petrik Berufsschule in Ungarnw1, Drenthe College in den Niederlandenw2, Institut „Jozef Stefan“ in Slowenienw3and 4science in Großbritannienw4) entwickelten und erprobten jeweils 18 Standardverfahren. Zusammen waren es 72. Jede Institution, zusammen mit der Eötvös-Loránd-Universität in Ungarnw5, testete die von den anderen entwickelten Verfahren. Die modifizierten Verfahren und Ergebnisse wurden auf die StandardBase-Webseitew6 gestellt.
Die Analysen gehörten zweierlei Kategorien an:
Zusätzlich zu den Prozeduren wurden Tests geschrieben, mit denen die Lernenden ihr Verständnis prüfen konnten. Am Ende probierten die Studenten aus allen Ländern die Verfahren aus. Währenddessen entwickelten VaProw7, in den Niederlanden und die Eötvös Loránd Universität die StandardBase-Webseite.
Der Internetauftritt ist jetzt fertig und erlaubt den Studenten: Verfahren herunterzuladen; Tests zur Prüfung des eigenen Verständnisses herunterzuladen; ihre Daten mit denen anderer Studenten zu vergleichen; ihre eigenen Daten der Datenbank hinzuzufügen; mehr über die Techniken und die zu Grunde liegenden Prinzipien zu lernen; über das Diskussionsforum und E-Mail-Kontakte Fragen zu stellen.
Das StandardBase-Projekt hat zum Ziel, den Lernprozess lernerzentriert zu gestalten. Informationen, Gedankenaustausch und die Daten stammen direkt aus dem Internet statt vom Lehrer. Das unterstützt die Entwicklung einiger professioneller Fähigkeiten, die Wissenschaftler in der Praxis brauchen. Die Rolle des Lehrers kann sich auf Organisation und Betreuung der praktischen Arbeit beschränken.
Labor
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StandardBase Projektteam
Das Ziel dieses Analyseverfahrens ist die Bestimmung des Zitronensäure-Gehalts in Hubba-Bubba-Kaugummi. Dieser Kaugummi ist in Großbritannien und in fast ganz Europa erhältlich. Die beschriebene Methode basiert auf dem von der Firma Wrigley in ihren Labors in Plymouth, Großbritannien, verwendeten Analyseverfahren.
Eine ausführliche Beschreibung des Verfahrens ist in dieser Ausgabe von Science in Schoolw8 veröffentlicht.
Fluorid wird Trinkwasser und Zahnpasta zugesetzt, um Zahnkaries zu verhindern. Es kommt auch in Abwässern vieler industrieller Prozesse vor, z.B. bei der Herstellung von Fluorpolymeren. Bei dieser Analyse wird eine Festphasen-ionenselektive Elektrode (ISE) verwendet, um das Potential einer fluoridierten Zahnpastaprobe (oder einer fluoridierten Wasserprobe) zu messen.
In der pharmazeutischen Industrie muss oft das Vorkommen von Metallen in sehr kleinen Konzentrationen bestimmt werden, z.B. Spurenelemente in Multivitamintabletten. Diese Methode kann für die Bestimmung von Zink im Konzentrationsbereich von 10-200 μg/dm3 verwendet werden.
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StandardBase Projektteam
Lernende in Schulen und Einrichtungen zur Berufsbildung und Berufsausbildung erleben oft etablierte praktische Vorgehensweisen. Sie bestimmen beispielsweise die Nitrat- oder Phosphat-Konzentration in einer Lösung. Der Rahmen einer realen Analyse – Warum ist dieses Seewasser grün? – veranschaulicht ihre Bedeutung und ihren Nutzen. Um neben den analytischen Techniken umfassendere berufliche Fähigkeiten zu entwickeln, könnten die Auszubildenden mit verschiedenen Vorgaben arbeiten, z.B. Limitierung von Zeit, Kosten und Ressourcen. Eventuell könnten die Auszubildenden aus mehreren Analyseverfahren zur Auswahl das geeignetste für diese Situation auswählen.
Auf diese Weise bleibt die Analysetechnik und die zu Grunde liegende Theorie, aber die Lernenden müssen sich auch der Herausforderung stellen, sie in einer Situation zu verwenden, die einer praxisnahen Arbeitsumgebung nahe kommt. Daher möchte das ProBase-Projektteam (gebildet aus denselben Partnern, die auch im StandardBase-Projekt teilgenommen haben) eine Palette an Aktivitäten entwickeln, die nicht nur demonstrieren, wie Wissenschaft funktioniert, sondern auch wie Wissenschaftler arbeiten. Im Rahmen dieses Projekts nutzen Lernende wissenschaftliche Erkenntnisse, um sich mit Problemen auseinander zu setzen. Sie arbeiten (a) in Teams, (b) organisieren ihre Zeit, Arbeitspensum und Ressourcen, und (c) tauschen sich gegenseitig und mit Nicht-Wissenschaftlern aus. Das sind die wesentlichen Fähigkeiten, die von Wissenschaftlern in der Praxis gebraucht werden.
Wir hoffen, dass immer mehr Schulen und Institute in den kommenden Jahren die Datenbanken von StandardBase und ProBase nutzen und dazu beitragen werden.
Um ein StandardBase-Verfahren herunterzuladen, muss man auf die StandardBase-Webseite gehenw6 und in dieser Reihenfolge weiterklicken: „Enter procedures database“, „View or conduct a StandardBase procedure“, und „View all experiments“. Nun kann man aus der Liste ein Experiment auswählen, indem man auf den Titel klickt, und die Beschreibung des Experiments kann im PDF-Format heruntergeladen werden, indem man auf den Link „Show step-by-step“ links auf der Seite klickt. Alternativ kann man ein Verfahren für bestimmte Zwecke finden, wenn man aus Schlüsselwörtern auswählt oder sie eintippt (z.B. „Vitamin C“), nachdem man auf den Link „View and conduct an experiment“ geklickt hat.
Die ProBase Webseitew9 befindet sich im Aufbau und wird gegen Ende 2008 fertig sein.
Das StandardBase-Projekt wurde, und das ProBase-Projekt wird, im Sinne der Ziele des LEONARDO DA VINCI-Programms und mit Hilfe der Leonardo-Stiftung durchgeführt.
Das LEONARDO DA VINCI-Programm trägt zur Umsetzung einer europäischen Politik zur beruflichen Ausbildung für die Europäische Union bei, die die Maßnahmen der Mitgliedsstaaten unterstützt und ergänzt (Artikel 150 des Vertrags zur Etablierung der Europäischen Gemeinschaft). Die Entscheidung des Rats stellt die Notwendigkeit fest, Qualität, Innovation und eine europäische Dimension der Systeme und Verfahren zur beruflichen Ausbildung durch transnationale Kooperation zu verbessern.
(Quelle: Die Ausschreibung für Anträge des LEONARDO DA VINCI-Programms)