Übersetzt von Stefan Mockenhaupt.
Dank seines geringen Alkoholgehalts ist Ingwerlimonade (Anm.: treffender wäre „Ingwerbier“, da es sich um ein gebrautes Getränk handelt, deshalb ist die korrekte Bezeichnung im Englischen auch tatsächlich „Ginger beer“) ein beliebtes Getränk bei Kindern in Großbritannien. Dean Madden vom National Centre for Biotechnology Education, University of Reading, UK, (Nationales Zentrum für Biotechnologische Aufklärung, Reading Universität) gibt sein Rezept preis, mit Hilfe dessen jüngere Schüler mit den Prinzipien der Gärung, der Nahrungsmittelhygiene und der Biochemie der Atmung vertraut gemacht werden können.
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Die Vorgänger der modernen kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränke wurden oftmals zu Hause gebraut. Im Großbritannien des späten 19. Jahrhunderts wurden gegorene Getränke mit geringem Alkoholgehalt als „kleine Biere“ bezeichnet. Diese zu trinken war gewöhnlich sicherer als Wasser, da dieses häufig kontaminiert war.
Ingwerlimonade kam ursprünglich aus England in der Mitte des 17. Jahrhunderts und wurde weltweit exportiert. Dies wurde durch die Verwendung von harten tönernen Flaschen ermöglicht, die mit einer wasser- und luftdichten Glasur versiegelt waren (auch „Bristol Glasur“ genannt). Die britische Verbrauchssteuerregelung von 1855 sah vor, dass das Getränk nicht mehr als 2% Alkohol enthalten solle, und normalerweise war es noch weit weniger stark: aus diesem Grunde wurde Ingwerlimonade bei Kindern sehr beliebt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es fast in jeder Stadt des Vereinigten Königreichs kommerziell hergestellt. Dieses „Bier“ wurde häufig von Straßenhändlern verkauft, und es wurde teilweise mit Hilfe einer „Biermaschine“ verteilt – ein ausgeklügeltes Gerät das aussah wie ein aufrecht stehendes Klavier mit Bierzapfhähnen, das von Ponys durch die Straßen gezogen wurde.
Im Jahre 1935 gab es mehr als 3000 Ingwerlimonadenproduzenten im Vereinigten Königreich. Heutzutage jedoch stellt nur noch ein einziges britisches Unternehmen dieses traditionell gebraute Produkt her – die moderne „Ingwerlimonade“ wird jedoch gewöhnlich mit Geschmacksstoffen versetzt und künstlich mit unter Duck stehendem Kohlenstoffdioxid begast.
Es gibt viele verschiedene Rezepte für Ingwerlimonade; die Grundzutaten sind Ingwer, Zitrone, Zucker und Hefe. Die echte Ingwerlimonade wird aus frischer Ingwerwurzel gemacht (Zingiber officinale), oft auch mit anderen Geschmacksrichtungen wie Wacholder (Juniperus communis), Lakritz (Glycyrrhiza glabra) oder Chili (Capsicum annuum), was dem Produkt den besonderen Pfiff gibt. Manchmal wird Schafgarbe (Achillea millefolium) benutzt, um das Wachstum von Bakterien zu verhindern (dies war auch die Praxis für normales Bier bis man anfing Hopfen zu verwenden). Jamaikanische Ingwerlimonade wird manchmal mit Limone anstelle von Zitrone gemacht.
Das folgende Rezept ist für einen Liter, aber es kann nach Belieben mengenmäßig vergrößert oder abgeändert werden – manch einer meint, der Ingwer solle gerieben werden anstatt in Scheiben geschnitten und zerquetscht. Andere empfehlen, die Mischung zu kochen, bevor die Hefe zugegeben wird, um mehr Geschmacksstoffe aus den Zutaten zu extrahieren.
Substanz | Quelle |
Relative Stärke |
---|---|---|
Piperin |
Schwarzer Pfeffer |
1 |
Gingerol |
Frischer Ingwer |
1.8 |
Shogaol | Getrockneter Ingwer | 1.5 |
Zingeron | Gekochter Ingwer | 0.5 |
Capsaicin |
Chili |
150-300 |
* Es ist nicht nötig, die Flaschen nach dem Sterilisieren mit kochendem Wasser auszuspülen. Der Sterilisierungsschritt ist dazu da, größere Kontaminierungen in den wiederverwendeten Flaschen zu eliminieren. Das Leitungswasser, das zum Ausspülen benutzt wird, sollte keine Kontaminationen einbringen, und falls doch, würde sie nach kurzer Zeit vom recht großen Hefeinokulum verdrängt werden. Der geringe pH-Wert der Flüssigkeit (durch die Zitronen) wird auch dazu beitragen, dass das Wachstum von Bakterien (nicht aber von Hefen) gehemmt wird.
Es dürfen NIEMALS Glasflaschen benutzt werden, da sie durch das produzierte Gas explodieren würden. Dieses Getränk sollte immer in Plastikflaschen gemacht werden und es sollte stets gekühlt und innerhalb von sechs Tagen getrunken werden. Die kurze Gärzeit garantiert den geringen Alkoholgehalt des Getränks.
Bitte denken Sie daran, dass einige religiöse Gruppen sogar den Konsum von Produkten ablehnen, die nur wenig oder keinen Alkohol enthalten, aber die durch einen Brauprozess gewonnen werden. Die Schüler können sich jedoch trotzdem freuen, am praktischen Brauen teilzunehmen ohne danach die Ingwerlimonade selber zu trinken. Lehrer sollten vorsichtig mit solchen Aspekten umgehen.
Es dauert etwa 90 min., um das Getränk vorzubereiten, inklusive einer Abkühlphase von 60 Minuten. Die anfängliche Gärung dauert 24 h, gefolgt von bis zu 48 h Nachgärung in den Flaschen. Falls erwünscht können die Flaschen schon im Voraus sterilisiert werden.
Diese praktische Aktivität kann als Startpunkt für andere praktische Untersuchungen genutzt werden, einige davon sind technologischer Natur. Beispiele:
Alle Materialien, die zur Herstellung von Ingwerlimonade benötigt werden, können im Supermarkt, auf dem Markt oder bei einem Anbieter für Ausrüstung zur Weinproduktion erstanden werden.
Denken Sie aber daran, dass Ingwerlimonade traditionellerweise nicht mit reiner Hefe hergestellt wurde, sondern mit einer Mischkultur aus Lactobazillen und Hefen, die manchmal auch als „Ingwerlimonadenpflanze“ oder „Bienenwein-Kultur“ bezeichnet wird. Diese gleicht einer Kefir-Kultur und kann aufrechterhalten werden und anderen Leuten gegeben werden, die auch Ingwerlimonade machen möchten.
Die „Ingwerlimonadenpflanze“ wurde beschrieben in:
Ward HM (1892) The ginger beer plant and the organisms composing it. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. B 183: 125–197
Der UK National Collection of Yeast Cultures (Nationale Hefesammlung des Vereinigten Königreichs; www.ncyc.co.uk/beeswine.php)zufolge ist die derzeit einzige sichere kommerzielle Quelle für diese Kultur in Europa die Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ). Dort wird ein spezieller Preis für den Bildungskauf angeboten, DSMZ Nr. 2484 (www.dsmz.de/microorganisms/html/strains/strain.dsm002484.html).