Hochleistungsforschung: der Physiker Adrian Mancuso Inspire article

Übersetzt von Jana Kusch. Der Physiker Adrian Mancuso arbeitet an vorderster Front des 3D-Imaging, an Europas neuester und lichtstärkster Röntgenlaseranlage.

Adrian Mancuso
Mit freundlicher Genehmigung
von European XFEL

Die Anwendung von 3D-Darstellungen hat längst die aus den Kinoleinwänden springenden Gruselmonster hinter sich gelassen. Heute nutzt man hochleistungsfähige Röntgenstrahlen anstelle von Licht, um detaillierte Informationen über die Form von Molekülen zu erhalten.

An der Europäischen Freie-Elektronen-Röntgenlaseranlage (European XFEL)w1 in Hamburg (Deutschland) könnte dieses Wissen in wenigen Jahren für die Entwicklung maßgeschneiderter Medikamente genutzt werden.

Die Baustelle, aus der
die Experimentierhalle
des European XFEL
entstehen wird

Mit freundlicher Genehmigung
von European XFEL

An vorderster Front der Röntgen-3D-Bildgebung arbeitet der Physiker Adrian Mancuso, ein Wissenschaftler mit nicht endender Neugier auf die Dinge der physikalischen Welt. Bereits als Kind war Dr. Mancuso ein eifriger Naturbeobachter und begeisterter Leser wissenschaftlicher Bücher. Damit legte er schon früh den Grundstein für eine Karriere, die ihn zu einem der führenden Wissenschaftler am European XFEL, einer sich derzeit im Aufbau befindlichen gigantischen Röntgenlaseranlage, machte.

“Wir versuchen hochauflösende 3D-Darstellungen von biologischen Molekülen, aber auch von anderen Materialien, zu erstellen, um besser zu verstehen, wie sie funktionieren“, so Dr. Mancuso. „Im Besonderen versuchen wir die Art von Molekülen darzustellen, die ausschließlich mit einem Röntgenstrahllaser sichtbar gemacht werden können.“

Wie kommt es, dass ein Physiker wie Dr. Mancuso, beginnt, sich für biologische Moleküle zu interessieren? Er erklärt: “Während meiner Promotion habe ich mich damit beschäftigt, wie laserähnliche Röntgenstrahlen für die Bilderzeugung nutzbar gemacht werden können – also mit der Entwicklung der Methoden zur Röntgenbildgebung. Dieser Hintergrund und meine anschließenden Erfahrungen in der Durchführung derartiger Experimente lieferten mir das Faktenwissen, um ein Gerät zur Röntgenbildgebung am European XFEL zu entwickeln.“

Aber was tut er genau? “Im Moment baue ich ein Gerät für eine Art der Röntgenbildgebung, die man Einzel-Partikel-Imaging nennt. Diese einzelnen Partikel können alles sein, von winzigen Kristallen über Biomolekülen bis hin zu neuen Materialien, von denen wir die Struktur genauer kennenlernen möchten. Diese Arbeit ist faszinierend, weil es neue Ideen in der Physik und Mathematik mit neuester Technologie kombiniert, um praktische, anwendungsbezogene Forschung zu realisieren, die die Welt um uns herum zum Besseren verändern könnte.“

Ein künstlerischer Eindruck
vom zukünftigen Aussehen
des European XFEL. Die
Tunnel, von denen der
laserartige Röntgenstrahl zur
Experimentierstation geleitet
wird, werden in der
unterirdischen
Experimentierhalle unter dem
Hauptgebäude enden. Dieses
wird Laborräume und Büros
beherbergen, sowie
Seminarräume, ein
Auditorium und eine
Bibliothek

Mit freundlicher Genehmigung
von European XFEL

Adrian Mancuso genießt eindeutig seine Arbeit, schwärmt er doch, dass „jeder Tag anders ist, Freude und Herausforderung bringt“. Seine Begeisterung für Forschung und Physik geht zurück bis in seine frühen Jahre, erinnert er sich: „Ich hatte immer eine natürliche Neugier. Ich wollte verstehen, wie Dinge funktionieren, wie das Universum funktioniert. Meine Eltern unterstützten diese Neugier als ich klein war, indem sie mir Berge wissenschaftlicher Bücher zu lesen gaben. Ich denke, das hat mich vor Schwierigkeiten bewahrt!“ Dr. Mancusos Neugier fokussierte sich auf die Physik, als er auf ein Physikbuch seines Vaters stieß. „Ich habe es von der ersten bis zur letzten Seite gelesen. Ich fand es einfach interessant, dass es über die physikalische Welt um uns herum so viele Dinge zu verstehen gab.“

Seine Neugier wurde in der Schule weiter geschürt. „Ich hatte das Glück, von engagierten Lehrern unterrichtet worden zu sein, die mir erlaubten und mich sogar ermutigten, das Physiklabor außerhalb der Unterrichtszeiten zu nutzen, um Experimente zu entwickeln, Ideen zu testen – und gelegentlich auch einmal etwas kaputt zu machen.“

Nach der Schule, studierte Adrian Mancuso Naturwissenschaften an der Universität Melbourne in Australien, mit einem Abschluss in Physik, gefolgt von einer Dissertation an der gleichen Universität. Obwohl er um die halbe Welt gereist ist, von Australien nach Hamburg, um am European XFEL zu arbeiten, fühlt er, dass es der richtige Schritt war.

“Es gibt nur wenige Orte in der Welt, an denen man hoffen darf, nicht-kristalline Biomoleküle gut genug sichtbar zu machen, so dass die dargestellte Struktur für die Medikamentenentwicklung oder andere praktische Anwendungen hilfreich sein könnte,“ so Mancuso. „Das European XFEL steht an vorderster Front der Erforschung des Einzel-Partikel-Imagings weltweit.“

Adrian Mancuso profitiert außerdem von der internationalen Zusammensetzung des Teams am European XFEL, das sich aus Wissenschaftlern von sechs Kontinenten und aus mehr als 18 Nationen zusammensetzt. Er ist überzeugt, dass die interkulturellen Interaktionen und die Möglichkeiten, über sehr verschiedene Teile der Erde von den Kollegen zu lernen, einen „wundervollen Bonus zur erstklassigen Arbeit, die wir jeden Tag verrichten“ darstellt. Er erklärt: „Menschen unterschiedlicher Herkunft sehen manchmal die Welt um uns herum mit anderen Augen. Diese unterschiedlichen Perspektiven können einen positiven Einfluss haben, indem sie uns ermöglichen, über bestimmte Dinge anders als gewohnt zu denken – was sehr wichtig sein kann für die Lösung wissenschaftlicher Probleme.“

Visualisierung eines 3D-
simulierten
Beugungsmusters eines
3-Phosphoglyzeratkinase-
Moleküls. Dieses Beispiel
zeigt, wie perfekte
Beugungsdaten, erhoben
am European XFEL, aussehen
können

Mit freundlicher Genehmigung
von Z Jurek und B Ziaja (CFEL),
und AP Mancuso
(European XFEL)

Für Dr. Mancuso ist die Weitergabe seiner Leidenschaft an ein breites Publikum genauso wichtig, wie die Leidenschaft selbst – und er hat sehr viel Spaß dabei. In jeder Phase seiner Karriere hat er seinen Enthusiasmus an andere weitergegeben: von der Mitwirkung an einer Wissenschaftsshow für Juniorstudenten während seiner Highschool-Zeit (was ihn als „der Typ aus der Wissenschaftsshow“ bekannt machte), bis zur Einladung von Highschool-Schülern an die Universität und ins Labor, um ihnen zu zeigen, wie Wissenschaft dort funktioniert und wie es ist, als Wissenschaftler zu arbeiten. Er sagt, er empfand die Arbeit mit den Schülern als sehr fruchtbar, da sie ein klares Bild von der Wissenschaft in der Praxis erhalten haben und nicht nur aus dem Blickwinkel des Klassenzimmers.

Welchen Rat würde er einem Studenten geben, der in seine Fußstapfen treten möchte. „Ein guter Anfang wäre das Studium der Physik. Wenn man Dinge bildlich darstellen möchte, hilft es, grundlegende Kenntnisse über Optik zu haben – in unserem Fall, über die seltsame aber erfreuliche Welt der Röntgenoptik. Dies ist ein wachsendes populäres Forschungsgebiet, weil es weltweit in der Anwendung der lichtstarken, laserähnlichen Röntgenquellen einen schnellen Fortschritt gibt.“

Und er würde nicht zögern, das intellektuelle Vergnügen, das eine Karriere in der Forschung bereitet, anzupreisen: „Der Moment, in dem du erkennst, dass du und deine Kollegen im Raum in diesem Moment die einzigen Menschen auf dem Planeten sind, die etwas einzigartiges beobachtet haben – das ist etwas, woran du dich immer erinnern wirst.“


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Author(s)

Susan Watt ist freie Wissenschaftsjournalistin und Editorin. Sie studierte Naturwissenschaften an der Universität Cambridge (GB), und legte anschließend ihren Master in Philosophie der Wissenschaften ab. Nachdem sie sich mehrere Jahre mit der Ausrichtung von wissenschaftlichen Ausstellungen für das Science Museum (London, GB) und für den British Council beschäftigte, wandte sie sich dem Journalismus zu. Derzeit ist sie Leiterin einer Schule.

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